Fachbereich Religion/Ethik

Religionsunterricht an beruflichen Schulen - wozu das denn??? - Ein Beitrag von Gotthold Hümmer

"Wäre es nicht sinnvoll und zeitgemäß den Religionsunterricht an der Berufsschule abzuschaffen? In der frei werdenden Unterrichtszeit könnten doch zusätzliche Qualifikationen vermittelt und die berufliche Ausbildung gesteigert werden!"

Es erscheint sinnvoll und verlockend für beide: Ausbilder und Auszubildende. Die 13. Shellstudie bestätigt zumal, was wir Reli-Lehrer immer wieder zu spüren kriegen: religiöse Themen sind out, werden irgendwie peinlich und unangemessen empfunden. Religion ist Privatsache und bei der Vielfalt der Meinungen, Einstellungen und Werte "wird sowohl das eine wie das andere stimmen". Wozu sich also Gedanken machen?

Fakt ist: Auch die "Generation @ " braucht und sucht Orientierung und Geborgenheit. Wofür sichs lohnt, was trägt, Halt gibt, worauf man sich verlassen kann und was Freude macht - auch über die nächste Party hinaus. Und so zappen und zappeln sie in einer nie dagewesenen Informationflut von TV-Talk und -Shows über anonyme Chats bis zu Lifestyle Magazinen. Immer trendy. Gleichzeitig fehlen die geeigneten Suchmaschinen zur Orientierung. Uns Älteren geht es ja auch nicht viel anders. Aber wir haben bereits Erfahrungen und Einsichten gesammelt - und "sind raus aus dem Alter". Wirkliche Vorbilder, die Glaubwürdigkeitslücken schließen, sind Mangelware. Menschen, die wert-beständige Lebensentwürfe realisieren, sind Ausnahmeerscheinungen geworden.

Ich werden nun bestimmt nicht behaupten, der Religionsunterricht sei das Mittel, um den skizzierten Defiziten wirkungsvoll zu begegnen. Ein Fach allein kann das nicht bieten und wir Reli-Lehrer sind schon gar keine Lichtgestalten in Jeans (oder Weltenretter wie im Film Matrix), die in 40 Minuten klar und unverwundbar aufzeigen können, wo und wie es für die "Erdlinge" langgeht. So naiv kann keiner sein.

Und doch hat für mich dieses ordentliche Lehrfach Religion seinen Sinn, um gemeinsam immer wieder Themen und Inhalte aufzugreifen, über die man sich andernorts hinwegmogelt, um zu bedenken und zur Sprache zu bringen, was gedankenlos gehört, gesehen, gelesen oder erfahren wurde. So gesehen, erlebe ich die Stunde Religion als ein wichtiges Puzzleteil für individuelles Wachstum, verantwortetes Handeln und soziales Miteinander. Das ist kein Luxus, sondern eine Investition für die Zukunft. Menschliche Ressourcen sind buchhalterisch kaum kalkulierbar aber dennoch kostbar.

Ist der Religionsunterricht an der Berufsschule noch zeitgemäß? Ich denke, er hat seinen berechtigten Stellenwert. Gerade da. Gerade heute.

 

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